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Stromatolithen im Hamelin Pool
Einzigartig auf der Welt: Stromatolithen im Hamelin Pool , sie repräsentieren einen weit zurückliegenden Entwicklungs-Status der Erde

Stromatolithen* im Hamelin Pool:

Es geschieht den ganzen Tag über nichts Besonderes, die Stromatolithen sind nur da und geben ab und zu mal eine Luftblase ab. Und trotzdem sind sie spektakulär und einzigartig auf der Welt.

Das südlichste Ende der Shark Bay, der Hamelin Pool, ist weltbekannt durch seine Stromatolithen, Gesteinsbildungen, die durch Lebewesen entstanden sind, die es schon in der Urzeit der Erde gegeben hat. An einigen wenigen anderen Plätzen der Welt gibt es sie auch noch (z.B. Lake Thetis bei Cervantes, Bahamas), aber hier im Hamelin Pool sind sie am größten, schönsten und spektakulärsten. Erst 1956 wurden diese "lebenden" Stromatolithen von Wissenschaftlern entdeckt, vorher kannten sie diese Gesteinsbildungen nur als Fossilien in uralten Gesteinen.

Ist man erst einmal dort nach Hunderten von Kilometern Fahrt von Perth auf dem Coastal HWY, Abzweig nach Monkey Mia, und schaut sich alles an, ist man schwer enttäuscht. Man findet ein paar weiße Holzhäuschen, Cafe, Museum und einen "Bootssteg" durch das Gebiet der Stromatolithen mit dem in den Bildern dargestellten Anblick. "Mehr nicht" oder "Hm, na ja". Der Anblick der Stromatolithen ist weder hübsch, noch berauschend (siehe Bilder). Dementsprechend sind die Besucher wieder so schnell weg, wie sie gekommen sind.

Aufregend ist nur das, was man von diesen Stromatolithen weiß. Im Hamilin Pool sind diese innerhalb der letzten 4500 Jahren (Entstehung des Hamelinpools) durch das Wirken von Abkömmlingen der ältesten Lebewesen dieser Erde "geschaffen" worden, die vor ca. 3,5 Milliarden Jahren - in der Urzeit unserer Erde - entstanden sind.

* Stromatolithen, ein aus griechischen Wörtern gebildeter Begriff: stroma = Decke, lithos = Stein. Es sind durch Mikroorganismen gebildete Sedimentgesteine, die durch Ausfällung von Salzen (hier Kalken) und durch Bindung von Sedimentpartikeln entstanden sind.

Entstehung der Stromatolithen, Bedeutung der Cyanobakterien:

Zum Verständnis der Zusammenhänge muss man sich erst die Situation vor 4,5 Milliarden Jahren (4 500 000 000 Jahren) verdeutlichen. Unsere Erde war gerade entstanden. Damals "schwitzte" die Erde durch vulkanische Aktivitäten ihre damalige Atmosphäre aus: die Uratmosphäre. Sie bestand aus Wasserdampf, Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Stickstoff und anderen Gasen, also den Gasen, die die heutigen Vulkane immer noch ausspeien. Freier elementarer Sauerstoff war nicht dabei. Diese Uratmosphäre hatte reduzierende Eigenschaften.

Durch Abkühlung der Erde und des in der Erdhülle sich befindenden Wasserdampfes setzten sintflutartige Regenfälle ein. Es entstanden dann die Urozeane, in denen sich besonders das in Wasser leicht lösliche Kohlendioxid löste. Dadurch entstanden dort dann riesige Kalkablagerungen. Gleichzeitig änderte sich wiederum die Zusammensetzung der Atmosphäre: Stickstoff wurde zum dominierenden Gas. Durch die Verringerung der Konzentration des Kohlendioxids in der Atmosphäre (Kohlendioxid ist ein Treibhausgas) kühlte sich die Erde weiter ab.

Vor 3,5 Milliarden Jahre entstanden einzellige, aber zellkernlose blau-grüne Algen oder Cyanobakterien - also ganz einfache Mikroorganismen, die in Kolonien am Boden flacher warmer Meeresbuchten lebten und noch leben.
Und diese hatten eine bahnbrechende Erfindung gemacht: Sie stellten aus einfachen Verbindungen, die sie in der Ursuppe der Ozeane fanden, komplizierte organische Verbindungen her: aus dem Wasser der Umgebung und dem darin gelösten Kohlendioxid Kohlenhydrate (Zucker), die sie als "Nahrung" nutzten. Um das zu schaffen, benutzten sie eine außerirdische Energiequelle, das Licht der Sonne.

Die gesamte Biomasse auf unserer Erde - auch die unserer Zeit - verdankt dieser "genialen Erfindung" der Cyanobakterien seine Existenz. Die Ausgangsprodukte dieses Prozesses waren und sind in unbegrenzter Menge vorhanden und, so lange das Licht der Sonne die Erde erreicht, können diese Reaktionen unbegrenzt weiter ablaufen.

Wir nennen die Gesamtheit dieser chemischen Reaktionen jetzt Fotosynthese oder Assimilation, eine Fähigkeit, die alle unserer heutigen grünen Pflanzen geerbt haben.

Bei diesem Prozess blieb und bleibt ein Element aus dem Wasser übrig: Sauerstoff. Er wurde und wird als Abfallprodukt in elementarer Form an die Umgebung - also an das Wasser - abgegeben. Wenn das ganz viele Mikroorganismen über 2 Milliarden Jahre machen, kann das gesamte Meerwasser diesen Sauerstoff irgendwann nicht mehr aufnehmen/lösen und gibt ihn an die Atmosphäre ab, wo er sich ansammelt.

Und damit erlebte die Welt die erste und unvorstellbar große Umweltkatastrophe, die Atmosphäre änderte ihre Eigenschaften, von reduzierend nach oxidierend, von frei von Sauerstoff nach Sauerstoff haltig. Viele der damaligen Bakterien, die an ein sauerstofffreies Milieu angepasst waren, mussten aussterben bzw. sich in die Tiefe der Ozeane zurückziehen. Denn Sauerstoff und besonders Sauerstoffradikale (= Sauerstoff-Atome) reagieren leicht mit allen organischen Stoffen und zerstörten damit die Struktur dieser Mikroorganismen. Nur diejenigen überlebten, die Enzyme besaßen, die diese verheerende Wirkung des Sauerstoffs neutralisieren konnten.

Aber erst später vor ca. 600 Millionen Jahren wurde durch die Entstehung echter einzelliger Algen die Sauerstoff-Konzentration so stark erhöht, dass die vielzelligen Organismen entstehen konnten. (Ediacara-Fauna, gefunden zuerst in den Ediacara Hills in der Nähe von Leigh Creek - South Australia.)

Stromatolithen bei Flut, ihre Form ist abhängig von den Strömungen
Stromatolithen bei beginnender Flut, ihre Form ist abhängig von den Strömungen
Stromatolithen im Hamelin Pool
Links: 60 Jahre alte Wagenspuren, rechts: durch Trockenfallen abgestorbene Stromatolithen,

Entstehung der Stromatolithen im Hamelin-Pool:

Vor unvorstellbar langer Zeit - 3,5 Milliarden (!) Jahre - muss man sich die Welt so ähnlich wie hier im Hamelin Pool heute vorstellen: Meere, in denen sich die Cyanobakterien gebildet hatten, die Stromatolithen entstehen ließen. (Im Pilbara-Distrikt -Westaustralien - sind die ältesten Fossilien gefunden worden.) Die Zellen der Cyanobakterien selbst haben die Form von mikroskopisch kleinen Fäserchen, die in ihrer Gesamtheit dünne Matten (ca. 1-10mm dick) bilden. (Bei einer Vergrößerung auf das 1000fache könnte man sie sich als dünne Filzmatte vorstellen.)

In diesen Matten verfangen sich feinste Sediment-Teilchen, die durch die Tide herangetragen werden und durch Bildung von Kalk miteinander zu einem Gestein verbacken werden. Kalk fällt im Meerwasser, das Kalk in gelöster Form enthält (Calcium-Ionen und Hydrogencarbonat-Ionen), durch das Wirken der Fotosynthese aus*. Die Mikroorganismen bilden eine neue Matte an blaugrünen Algen über der alten verkalkten, was sich ständig wiederholt. Lagern sich viele solche schichtenförmigen Matten im Laufe von Jahrtausenden übereinander, so entstehen kuppelartige oder pilzartige Steingebilde: Stromatolithen. Bei ihnen besteht nur die oberste Schicht aus lebenden Mikroorganismen. Die Form dieser Steingebilde wird aber hauptsächlich durch die Strömungsverhältnisse im Wasser bestimmt.

Nur an der Oberfläche dieser kuppelartigen oder pilzförmigen (im Schnitt fein geschichteten) Steine befinden sich die Lebewesen. Sterben sie ab, weil sie durch Absinken des Wasserspiegels ständig trocken liegen, so bilden sich hier im Laufe der Jahrhunderte wohl rostrote Eisenoxide (Bild unten links. Vor 500 -1000 Jahren fiel der Meeresspiegel in der Shark Bay und damit auch im Hamelin Pool. Seitdem befinden sich diese Stromatolithen im Trockenen).

Diese Cyanobakterien leben jetzt noch hier im Hamelin Pool, nicht weil die Bedingungen hier für sie so gut sind, sondern weil diese für andere Lebewesen (z.B. Algen abraspelnde Schnecken) wegen des hohen Salzgehaltes (ca. doppelt so hoch wie im freien Meer) so ungünstig sind. (Zur Entstehungszeit der Cyanobakterien gab es noch keine höheren Lebewesen, so dass die Stromatolithen damals ungehindert entstehen und große Riffe bilden konnten.)
Diese Bedingungen bestehen hier seit 4500 Jahren. Zu dieser Zeit wurde der Hamelin Pool durch das Entstehen einer Sandbank von der Shark Bay abgetrennt und durch die hohe Verdunstungsrate in einem ariden Gebiet erhöhte sich der Salzgehalt des Wassers auf 6 bis 6,5%.

Diese Stromatolithen sind außerordentlich fragil, weil sie von mikroskopisch kleinen Lebewesen gebildet werden. Weniger als 1mm pro Jahr wachsen sie. Dementsprechend stört jeder Fußabdruck, eine Wagenspur ist noch viele Jahrzehnte zu erkennen. (Bild in der Mitte links)

*In Kohlendioxid reichem Wasser löst sich Kalk (Calciumcarbonat) unter Bildung von löslichem Calcium-Hydrogencarbonat auf. Entfernt man aus einer Lösung von Calcium-Hydrogencarbonat das Kohlendioxid - so wie es bei der Fotosynthese geschieht -, so kehrt sich die Reaktion um und es entsteht wieder unlösliches Calciumcarbonat. Chemiker sprechen von einer Gleichgewichtsreaktion und einer Verschiebung des Gleichgewichtes.
Diese Reaktion spielt auch eine große Rolle bei der Entstehung von Tropfsteinhöhlen.

Foto- und Reisetipp:
Besonders bei tiefstehender Sonne am Abend entstehen die schönsten Fotos. Im warmen Licht erscheinen die Stromatolithen nicht so langweilig grau.

Auf dem einfachen Campingplatz an der nahe gelegenen Telegrafenstation kann man übernachten. Wir haben uns gleich nach dem Aufstehen auf den nahe gelegenen Picknickplatz (keine Einrichtungen, aber in ungestörter Mulga-Vegetation) der Hamelin Marine Reserve "verdrückt". Die Einfahrt ist scharf links vor bzw. hinter dem Tor zur Telegraph Station.

Alte, z.T. trocken gefallene Stromatolithen am Hamelin Pool
Durch Trockenfallen abgestorbene Stromatolithen