Gelbrandkäfer( Dytiscus marginalis ),
die Taucher unter den Käfern

Wie können Käfer im Wasser leben? Welche Umformungen mussten sie dazu im Laufe der Evolution durchmachen? Eine der Problemlösungen zeigen uns Schwimmkäfer - der bekannteste unter ihnen ist der Gelbrandkäfer - , die nahe verwandt mit den Laufkäfern sind. Eigentlich sind Käfer in Körperbau, Fortbewegung und Atmung hervorragend an das Leben auf dem Lande angepasst. Deswegen gehören sie mit einem großen Artenreichtum auch zu den erfolgreichen Tiergruppen.

  Gelbrandkäfer-Weibchen   Männchen des Gelbrandkäfers  

Weibchen
( links ) und Männchen (rechts ) des Gelbrandkäfers ( Das Männchen hat glatte Flügeldecken und Saugnäpfe an den Füßen der Vorderbeine. )
hydrophil: Manche Stoffe lassen sich mit Wasser mischen, ihre Teilchen haben dieselben Eigen-schaf ten wie Wasserteil-chen. Sie sind hydrophil = Wasser liebend.

Gegenteilige Eigenschaf-ten nennen wir hydrophob = Wasser hassend. Dazu gehören Stoffe wie Fette, Öle und Wachse und auch Gasgemische wie die Luft. Ist eine Oberfläche gewachst, so wird Wasser abgestoßen, es perlt ab. Die Oberfläche ist unbe-netzbar.

Da das Wasser einen viel höheren Widerstand als Luft bietet, muss der Körper eine strömungsgünstige Form ( Stromlinienform ) haben. Der Körper ist flach, Kopf, Brustabschnitt und Hinterleib bilden ein Einheit, hervorspringende Teile fehlen.
Die Oberflächen sind immer sauber und verhindern, dass sich Algen, Pilze oder Bakterien darauf festsetzen, was natürlich den Reibungswiderstand beträchtlich erhöhen würde. ( Ein Problem bei unseren Schiffen, deren Rümpfe unterhalb der Wasserlinie von vielen festsitzenden Tieren und von Algen bewachsen werden können. ) Verhindert wird dieses durch einen Selbstreinigungseffekt, der zuerst bei Lotusblumen beschrieben worden ist. Die Oberfläche ist vom Wasser unbenetzbar durch Wachse, die eine mikroskopisch feine Noppenstruktur bilden. Dadurch können hydrophile Stoffe - lebende Zelle haben normalerweise auf Grund ihres Wassergehaltes hydrophile Eigenschaften - nicht auf dieser Oberfläche haften.

Unterseite eines Gelbrandkäfers   Vorder- und Mittelbeine sind wenig verändert. Allein die Hinterbeine sind an das Leben im Wasser angepasst und dienen als Ruderbeine. Im Vergleich zu Landkäfern ist deren Grundge-lenk - also deren Einlenkung in den Körper - weit nach hinten verschoben ( Bild links ). Dieses bietet bei einer hohen Manövrier-fähigkeit eine Verbesserung des Geradeaus-schwimmens.
Die Hinterbeine sind wie Ruder abgeplattet und mit Borstensäumen versehen. Beim Rück-schlag werden letztere so gestellt, dass sich deren Borstensäume aufstellen, wodurch sich die Fläche vergrößert. Während sich beim Vorziehen der Ruderbeine die Borstensäume anlegen und so der Wasserwiderstand verringert wird. Obwohl sie hervorragende Schwimmer sind, übertrifft jeder kleine Fisch sie in seiner Schwimmleistung.   Ruderbeine des Gelbrandkäfers
Unter den Flügeldecken nimmt der Gelbrandkäfer einen großen Luftvorrat mit, der durch besondere Einrichtungen festgehalten wird. Die beiden Deckflügel sind in der Körpermitte miteinander verfalzt, die Seitenränder sind nach unten gebogen und liegen dem Körper dicht an. Am Hinterleibsende verhindern wasserabstoßende ( hydrophobe ) Haarsäume ein Entweichen der Luft bzw. ein Eindringen von Wasser.

Dieser Luftvorrat verringert die durchschnittliche Dichte des Gelbrandkäfers und gibt ihm Auftrieb. Beim Abtauchen muss er also kräftig rudern und unten angekommen sich an Gegenständen festhalten. Sonst steigt er passiv, d.h. ohne Schwimmbewegungen an die Wasseroberfläche auf. Da der Schwerpunkt etwas nach vorn verschoben ist, nimmt er dort automatisch die Atemstellung ein. Die Hinterbeine werden zusätzlich in abgespreizter Stellung von unten gegen das Wasseroberflächenhäutchen gestemmt, wodurch diese Stellung stabilisiert wird. Durch geringes Anheben der Flügeldecken entsteht am Hinterende ein Spalt, durch den dann die Luft mittels Atembewegungen erneuert werden kann.

aa Gelbrandkäfer in Atemstellung aaaa Kopulation des Gelbrandkäfers aa
 

Gelbrandkäfer bei der Erneuerung des Luftvorrates: Links ist die spaltförmige Öffnung gut an der silbrigen Farbe erkennbar. Im Bild rechts wird während der Kopulation der Hinterleib weiter aus dem Wasser gesteckt.
 
Netzmittel oder Deter-genzien haben besondere Teilchen: ein Ende ist hydrophil, das andere hydrophob. Diese ordnen sich immer so an, dass das hydrophobe Ende zum hydrophoben Stoff , das hydrophile zum Wasser zeigt. Es entsteht dadurch eine extrem dünne ( monomolekulare ) Schicht. Stoffe mit hydrophoben Eigen-schaften werden dadurch benetzbar.

Aber betrachten wir die Atemstellung etwas genauer:
Enthält das Wasser Netzmittel ( Spülmittel etc. ), so kann der Käfer die Atemstellung nicht einnehmen und das Wasseroberflächenhäutchen nicht mit dem Hinterleib durchstoßen, da durch die Benetzbarkeit der gesamte Körper von einem Wasserfilm bedeckt ist. Seinen Luftvorrat kann er nicht erneuern, so dass er nach einiger Zeit erstickt

Nur durch die Wasser abstoßenden ( = hydrophoben ) Eigenschaften der Deckflügel und des Hinterleibes mit seinen Härchenbesatz kann der Gelbrandkäfer das Wasser-oberflächenhäutchen durchstoßen und die Atemluft erneuern. Da die Luft durch die hydrophoben Eigenschaften der Härchen festgehalten wird, erscheinen diese Bereiche durch die Totalreflektion des Lichtes silbrig glänzend ( beide Bilder oben ). Durch Netzmittel werden auch diese Flächen vom Wasser benetzbar und der Atemvorgang verhindert.


Die Öffnungen des Atemsystems - die Stigmen der Tracheen - münden alle in den Raum unter den Flügeldecken, so dass dessen Luftvorrat für die Atmung während des Tauchvor-ganges dienen kann. Da Insekten relativ wenig Sauerstoff veratmen, können sie längere Zeit tauchen. Erst wenn die Sauerstoffkonzentration auf wenige Prozent gesunken ist, muss der Käfer wieder auftauchen, um seinen Luftvorrat zu erneuern.
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