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Wallabys im Coolah Tops NP
Coolah Tops NP: Rotnackenwallaby (Red-necked Wallaby) säugt ein Junges

Idylle vor unserem Camper im Camp "The Barracks". Die Wallabies kommen regelmäßig aus dem Dickicht des Urwaldes auf die Lichtung des Campgrounds, weil es dort saftiges frisches Gras gibt. Man kann das Verhalten dieser Tiere dadurch leicht beobachten.

Nach vielen Monaten Wachstum im Beutel hat das junge Wallaby noch Zugang zu einer Milchzitze. Ein wenig später wird die Mutter den muskulösen Saum des Beutels für dieses selbständige Junge für immer schließen.

Entwicklung und Fortpflanzung bei Beuteltieren: Welche Probleme gibt es?

Warum brauchen Beuteltiere einen Beutel?

Ein Weibchen hat jeweils zwei Zitzen, die von einer muskulösen Hautfalte, die wir Beutel nennen, bedeckt werden. Ein Junges ist schon so weit entwickelt, dass es sich meist außerhalb des Beutels befindet und ihn nur noch bei Gefahr aufsucht. Es frisst schon etwas Gras, saugt aber immer wieder Milch aus der einen Zitze. Gleichzeitig befindet sich im Beutel ein weiteres Junges, das noch nicht so weit entwickelt ist. Dabei vollbringen Kängurus das "Wunder", dass sie zwei verschiedene Milchsorten mit unterschiedlichen Fettkonzentrationen produzieren: in der einen Zitze "Super" für das herangewachsene, in der anderen "Normal" für das noch wenig entwickelte Junge.
Zusätzlich kann sich in der Gebärmutter (Uterus) des Weibchens noch ein Embryo im Ruhestadium befinden (ein Ruhestadium für Embryonen gibt es bei den Säuger nur bei wenigen Arten, wie z.B. beim Rehwild), der sich erst dann weiterentwickelt, wenn eine Zitze frei ist, d.h. wenn das älteste Junge selbständig geworden ist oder durch Krankheit, Räuber etc. verloren gegangen ist.
Dadurch ist die Vermehrung gut genug gesichert, im Bedarfsfall ist immer Ersatz da.

Der Beutel schützt, ist aber nach außen offen, das darin befindliche Junge gibt Urin und Kot ab. Leicht können sich unter diesen Bedingungen Bakterien entwickeln. Den Beutel muss die Mutter also durch Auslecken ständig sauber halten. Nicht gerade ein Spaß!

Wie kommen die Jungen nach der Geburt in den Beutel?

Das erste Abenteuer eines Beuteltieres: Gleich nach der Geburt muss es eine Klettertour durch einen Urwald von Haaren durchführen. Bei der Geburt windet sich die mehr als 70kg schwere Mutter unter schmerzhaften Wehen und gebiert einen Winzling - bei einem Riesenkänguru ist er nur ca 2-3cm (!) groß und nicht mal ein Gramm schwer - und noch völlig "unfertig". Er hat noch nicht das Aussehen der Alttiere, er ist ein unfertiger Embryo.

Aber dieser Embryo - eigentlich ein nacktes Würmchen - hat gut entwickelte Vorderbeine mit Krallen (!) und ein leistungsfähiges Geruchsvermögen. Während bei Embryonen des Menschen und der anderen Plazentatiere erst lange nach dem Reifen des Gehirnes und der inneren Organe die Gliedmaßen sich entwickeln, ist bei den Beuteltieren das Heranwachsen der Vorderbeine in ein sehr frühes Stadium verlegt. Die Entwicklung erscheint uns sehr verzerrt zu sein.

Auf einer Geruchsspur im Fell, die die Mutter mit der Zunge gebildet hat, kriecht das "Würmchen" durch ruderartige Bewegungen der Vorderbeine selbständig aus der Geburtsöffnung in den Beutel hinein und saugt sich dann an einer Zitze fest. Die Zitze schwillt im Mund des Embryos an, so dass die Verbindung Mutter-Junges fest genug ist. Das Junge saugt auch nicht selbständig Milch - wie bei den höheren Säugern -, sondern die Milch wird von der Zitze in des Maul des Jungtieres hineingespritzt. Wie leicht kann dieser komplizierte Vorgang gestört werden!

Wallaby beim Säugen seines Jungen
Rotnacken-Wallaby beim Säugen eines Jungen

Warum gebären Kängurus Embryonen?

Nach der Befruchtung der Eizelle entwickelt sich der Embryo im Uterus der Mutter. Da der Dottervorrat, den die Eizelle mitgebracht hat, bald aufgebraucht ist, müssen Bildungen ähnlich des Mutterkuchens (Plazenta) die Versorgung mit den notwendigen Nährstoffen übernehmen. Diese Bildungen sind aber bei den Beuteltieren nicht so leistungsfähig wie die echte Plazenta der höheren Säuger.
Weiterhin haben die Beuteltiere ein kniffliges Problem noch nicht gelöst: Das Junge hat andere genetische Merkmale als die Mutter, wird also von ihrem Krankheitsabwehrsystem (Immunsystem) als fremd erkannt und abgestoßen. (Eigentlich ist ein Embryo so etwas wie eine Organtransplantation.)
Nach einer kurzen Entwicklungszeit im Uterus muss der Embryo die geschützte Situation im Leib der Mutter verlassen und in einem unfertigen Zustand geboren werden. Sonst würde er erkannt und abgestoßen werden.
Die höheren Säuger (Plazentalier) vermeiden dieses durch mehrere Tricks der Plazenta (Mutterkuchen), die wir noch nicht ganz verstehen. Der Fötus kann sich bei ihnen monatelang, bei einigen Tierarten sogar jahrelang, im Mutterleib entwickeln, bis er genügend herangereift ist.

Fortpflanzung der Beuteltiere: primitiv oder vorteilhaft?

Die Fortpflanzungs-Methode der Beuteltiere scheint viel primitiver als die der Planzentatiere zu sein, nicht so leistungsfähig und sehr risikobehaftet. Gerade das Austerben des Beutelwolfes nach dem Import eines Planzentatieres - dem Dingo, der eine ähnliche ökologische Nische besetzt - hat zu dieser Wertung geführt. Ähnliches geschah auch mit einem Teil der ehemals reichen Beuteltier-Fauna Südamerikas, nachdem sich eine Landbrücke zwischen Süd- und Nordamerika gebildet hatte.

Die Methode der Beuteltiere hat aber auch Vorteile: Der Gesamtaufwand einer Mutter für ihr Junges ist innerhalb vergleichbarer Arten von Beuteltieren und Plazentatieren zwar etwa gleich groß. Aber die Tragezeit - die Zeit der höchsten Belastung - ist bei Beuteltieren viel kürzer.

So kann die Beuteltier-Mutter ihr Junges in Hungerzeiten aus dem Beutel aktiv entfernen, ohne ihr eigenes Überleben durch eine Schwangerschaft zu gefährden. Diese Methode wendet sie auch bei höchster Gefahr an. Durch Verringerung der Muskelspannung des Beutels setzt sie das Jungtier ab, flüchtet unbeschwert weiter und kehrt erst später zum Jungen zurück. Zusätzlich ist bei einem frühen Tod des Jungtieres eine weitere Schwangerschaft ohne Verzug möglich, ja sogar ohne Mitwirkung eines Männchens.

Die Beuteltier-Mutter hat also eine bessere Kontrolle über ihre eigene Fortpflanzung

Dementsprechend zeigt sich, dass es seit Millionen von Jahren in Amerika Beuteltiere wie das Opossom (es sind Beutelratten, nicht zu verwechseln mit dem australischen Possum, einem Kletterbeutler) gibt, die nicht nur der Konkurrenz höherer Säugetiere mit ähnlicher Lebensweise trotzen, sondern sich sogar von Südamerika bis weit nach Nordamerika ausbreiten konnten.

Coolah Tops NP, Kängurus auf den offenen Grasflächen
Riesenkängurus grasen auf den offenen Grasflächen