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Helm-Kasuar in Mission Beach
Mission Beach: eine seltene Begegnung mit einem Helm-Kasuar (Southern Cassowary)

Manches Geheimnis umgibt immer noch den größten Vogel des Regenwaldes, den Helm-Kasuar. Nur wenig ist über seine Lebensweise in der Freiheit bekannt. Viele Leute finden ihre Kothaufen, ganz wenige berichten von einer Begegnung mit diesem Tier bei einer Wanderung durch den Dschungel.

Helm- Kasuar, Evolution (Southern Cassowary = Casuarius casuarius):

Der Kasuar (Southern Cassowary) gehört zu einer Gruppe von Vögeln, die in den Südkontinenten leben (Emu und Kasuar in Australien, Strauß in Afrika, Nandu in Südamerika, ferner der Kiwi in Neuseeland). Sie sind schwere flugunfähige Laufvögel, die miteinander verwandt sind, was sich durch molekular-genetische und biochemischen Untersuchungen beweisen lässt.
In manchen Teilen ihres Körperbaues zeigen sie urtümliche Merkmale. Deswegen nahm man früher an, dass sie sich in ihrer Entwicklung schon frühzeitig von der Linie der anderen Vögel abgespalten haben.
Die vorderen Extremitäten entsprechen aber nicht der verkümmerten Form eines zweigbeinig sich fortbewegenden Dinosauriers. Sie zeigen typische Merkmale eines Flügelskelettes, das aber stark reduziert ist. Der Schultergürtel ist verkümmert, das Schlüssel- und das Rabenbein sind stark reduziert. Der Brustbeinkamm (bei Vögeln Ansatzstelle für die Flugmuskulatur) ist verschwunden, damit natürlich auch die stark entwickelte Brustmuskulatur der Vögel. Das Federkleid ist stark reduziert, die Fahne der einzelnen Federn ist aufgelöst (nur Schaft und nicht miteinander verbundenen Äste sind vorhanden - siehe auch Emu), die Federn sind haarähnlicher geworden. Die Schwungfedern der Flügel haben sogar völlig eine Griffelform angenommen, sie sind dicke, aber hohle leicht gebogene Hornstäbe geworden.
Die Federkleid ist also haarähnlich, die einzelnen Federn borstig, an ihnen perlt auch der schwerste Tropenregen ab. Gleichzeitig schützt er das Tier vor Verletzungen bei einer schnellen Flucht durch den Regenwald.

Die Kasuare stammen von flugfähigen Vögeln ab. Sehr früh haben sie im Laufe ihrer Evolution die Flugfähigkeit ihrer Ahnen verloren. Ihre Flugfähigkeit haben sie sekundär verloren.

Die heutige Verbreitung dieser Vogelgruppe kann man weiterhin nur durch die Annahme erklären, dass sie sich schon vor 80 Millionen Jahren, zur Zeit, als das Gondwanaland noch nicht in einzelne Kontinente zerfallen war, entwickelt hatten.

Kasuar: Lebensweise und Verhalten:

Der Kasuar ist ein Regenwaldbewohner, der außerordentlich selten gesehen wird, da er ungesellig sich lautlos durch sein Revier bewegt. Ein Beobachter kann wenige Meter entfernt an ihm vorbeigehen, ohne ihn zu entdecken. Manchmal kann man aber die ganz tiefen Buu-buu-buu - Rufe (Balzrufe im Südwinter) dieses Vogels im Urwald hören, obwohl man nichts von ihm zu sehen bekommt. Er kann aber auch urplötzlich vor einem stehen und dann ganz ruhig wieder im Dschungel verschwinden. Wird er bedrängt oder an einer Flucht behindert, so kann er angreifen und mit den ca. 10cm Krallen der inneren der 3 Zehen durch Tritte schwere, sogar tödliche Verletzungen einem Menschen zufügen, was manche Vorfälle in Neuguinea bezeugen.

Gefährliche Begegnung im Regenwald???

Der Vogel mit der "Dolchkralle". In Gerüchten wird kolportiert, dass dieser Vogel gefährlich sein. Wenn man flüchtet, soll er einen verfolgen und "kalt machen".
Ein Männchen, das Junge führt, wird wirklich problematischer sein als ein einzelner Vogel. Wenn man sich ganz ruhig verhält und den Kasuar nicht bedrängt und nicht in die Enge treibt (in Gehegen eines Zoos leicht möglich) und seine Jungen nicht in Gefahr bringt (wenn man zwischen erwachsenem Tier und seinem Jungtier sich befindet), wird er sich nicht angegriffen fühlen. Kommt man trotzdem in Bedrängnis, so sollte man sich größer machen, die Arme über den Kopf heben, vielleicht eine auseinandergefaltete Jacke über den Kopf halten, einen Rucksack vor seinen Körper halten, versuchen hinter einen großen Baum zu gelangen und dann langsam den Vogel im Auge haltend den Abstand vergrößern.

In den letzten Jahren nehmen aber problematische Begegnungen zwischen Mensch und Vogel zu. Höchstwahrscheinlich ist dieses aber durch den Menschen selbst verursacht. Der Lebensraum dieser straußenähnlichen Vögel wird zunehmend durch Urwald-Rodungen fragmentiert und verkleinert. Das Zusammentreffen mit Menschen ist häufiger geworden. Zusätzlich werden sie von unbedarften Menschen (Touristen?) gefüttert, so dass sie bei weiteren Begegnungen immer Futter erwarten. Bekommen sie dieses nicht, so können sie durch aggressives Verhalten ihren "Wünschen" Nachdruck verleihen.

Ich erinnere mich an eine Begegnung am Cape Tribulation, wo der Vogel trotz der "Annäherungsversuche" einer Reihe von touristischen Fotografen ganz ruhig weiter im Dunkel des Waldes nach Nahrung suchte. (Leider war das noch zu Film-Zeiten, wo es wegen der Dunkelheit im Regenwald wenig attraktive Bilder ergab.)

Meines Wissens hat es - bis auf eine Ausnahme - ausschließlich tödliche Kasuar-Attacken auf Neu-Guinea gegeben, wo Eingeborene diese majestätischen Vögel fingen und sie dazu in die Enge getrieben hatten. Man hielt sie danach in Käfigen, ihre Federn wurden ausgerupft als Kopfschmuck, die griffelförmigen Schwungfedern für ein Nasenpiercing verwendet, bis man sie in einem rituellen Festmahl aufaß.

Einem Angriff geht immer ein Drohverhalten voraus: die Vögel richten ihre Federn auf, der Hals schwillt an, der Körper fängt an zu zittern. Der Vogel tritt bei einem Angriff mit beiden Füßen gleichzeitig zu, wobei die dolchartigen Krallen wirklich schwerste Verletzungen hervorrufen können, die zum Tod führen können.

In Wirklichkeit ist der Mensch für den Kasuar gefährlicher als umgekehrt.

Bedeutung des Helmes:

Auf dem kräftig gefärbten federlosen Kopf (siehe Foto) sitzt ein Helm, über dessen Bedeutung vielfach spekuliert wird. (Es ist eine Ausstülpung der Schädelplatten. Er ist aber nicht massiv, sondern besteht aus einem Gitterwerk aus Knochenbälkchen und verkalkten Knorpeln und ist mit einer Hornschicht überzogen). Dient er als Signal, um Dominaz zu demonstrieren? Als Schutz beim Flüchten durch den Dschungel? Letzteres scheint mir aus eigener Beobachtung nicht unbedeutsam zu sein.
1983 machten wir in der Nähe des heutigen Fan Palm Walks nach vielen Stunden der stillen Beobachtung eines jungen Kasuars plötzliche Bewegungen. Der Vogel flüchtete, mit vorgestrecktem Hals, den Kopf mit dem Helm voraus durchbrach er förmlich das dichte Unterholz. Der Helm schützte den Kopf, das haarähnliche grobe Gefieder den Körper des Vogels bei seiner Flucht durch den dichten Urwald mit all seinen Rotangpalmen.

Ernährung:

Der Kasuar - ein Sammler von Fallobst.
An ihren Kothaufen erkennt man die Anwesenheit von Kasuaren (Bild unten rechts). Es sind Haufen von großen unverdaulichen Kernen von Früchten. Denn hauptsächlich frisst er zu Boden gefallene Früchte von Regenwaldbäumen, er pickt sie auf und wirft sie mit einem Ruck in den Rachen und verschluckt sie unzerkleinert. Das Fruchtfleisch kann er verdauen, die Samen werden unbeschädigt ausgeschieden. Dadurch spielt er eine unverzichtbare Rolle im Regenwald, er sorgt für die Verbreitung mancher Baumsamen als einzige Tierart.

Nahrung des Kasuars, Kothaufen des Kasuars
Nahrung (Cassowary Plum) und "Hinterlassenschaft des Kasuars (Southern Cassowary)

Fortpflanzung, Brutbiologie, Balz:

Während der "Trockenzeit" (Mai bis November) leben Männchen und Weibchen nur kurze Zeit zusammen, wobei das Männchen mit tiefen buubuu-Rufen, das Weibchen umkreisend um die Gunst der Partnerin wirbt. Nach der Ablage von mehreren großen Eiern in ein Nest - eine kleine Mulde im Boden, die mit wenigen Blättern oder Grashalmen ausgelegt ist - verlässt das Weibchen seinen Partner, teilweise um sich mit einem anderen Männchen zu paaren. Das Brutgeschäft (ca. 2 Monate lang) und die Führung der Jungen (ca. 9 Monate lang) ist ganz allein Aufgabe des Männchens. Die Jungen sind Nestflüchter, haben ein braunes, schwarz und weiß gestreiftes Gefieder und erhalten erst im zweiten Lebensjahr langsam das Aussehen der Altvögel. Das Gefieder nimmt die typische tiefblaue, fast schwarze Farbe an.
Die Aufgabenverteilung zwischen Männchen und Weibchen ist wohl nötig: Die Vögel ernähren sich hauptsächlich von kohlenhydratreichen, aber eiweißarmen Früchten. Damit ist die physiologische Belastung des Weibchens sehr hoch, es muss enorme Überschüsse an Eiweißen und Lipiden für die Produktion der großen Eier (bis 650g schwer) "erwirtschaften" können.

Bedrohung des Kasuars, Schutz:

Durch die Vernichtung und Fragmentierung seines spezifischen Lebensraumes (80% des Tieflandregenwaldes ist gerodet worden), durch die Vernichtung der Brut durch verwilderte Schweine und Hunde und durch den Autoverkehr sind diese Vögel schon sehr selten geworden (wohl höchstens 1200 Tiere in Australien) und in ihrem Bestand bedroht.
Sein Überleben ist mit dem Schicksal der Regenwälder verbunden:
Kasuare fressen fast ausschließlich Früchte, die sie in großen Mengen das ganze Jahr über benötigen. Ganzjährig genügend Nahrung finden sie nur in großen Wäldern mit großer Artenvielfalt. Dementsprechend benötigt ein Kasuar-Individuum etwa 75ha Regenwald, um sich ausreichend ernähren zu können. In den Wäldern der Cape York Halbinsel fressen diese Vögel die Früchte von 75 Regenwaldarten, zusätzlich noch Pilze und manche Landschnecke.
Deswegen ist das Überleben des Kasuars ganz eng mit dem Schicksal der Regenwälder verbunden. Werden diese zu klein oder zu stark zerrissen, nimmt deren Artenreichtum ab, so finden diese Vögel nicht mehr in der gesamten Zeit des Jahres Futter. Dann ist ihr Aussterben vorprogrammiert. und g
Gleichzeitig ist die Verbreitung der Samen vieler Baumarten im Regenwald nicht mehr gewährleistet, so dass auch der Wald unter dem Fehlen dieses Vogels geschädigt ist.

Der Kasuar ist eine Schlüsselart (key stone spezies) für den tropischen Regenwald Australiens und Neuguineas.

Kasuar bei der Überquerung eines HWY´s
Kasuare müssen durch die Fragmentierung ihres Lebensraumes immer öfter Straßen überqueren, und das ohne jegliche Verkehrsdisziplin.

1983 waren wir zum ersten Mal hier in South Mission Beach. Fuhr man damals mit dem Auto in einen Wald hinein (heute Musgravea Track), so bekam man bald Besuch von einem Kasuar, der sich sein Futter abholen wollte.
Das Füttern ist jetzt aber zu Recht streng verboten. Die Tiere hatten gelernt, Autofahrgeräusche mit Futter zu assoziieren. Wenn sie Hunger hatten, wanderten sie zu den Straßen. Dort wurden und werden noch viele Tiere überfahren.
Dieses geschah gerade 2006 und 07, als durch einem fürchterlichen Hurrikan (Cyclone Larry) viele Fruchtbäume zerstört worden waren und die Tiere im Regenwald zu wenig Futter fanden. Der Bestand hier in Mission Beach schmolz auf weniger als 50 Tiere zusammen.


Fototipp:
Nur wenn man am frühen Morgen oder am späten Nachmittag auf Straßen, die durch einen geeigneten Regenwald führen, entlangfährt, hat man eine Chance, einen dieser Vögel zu sehen, denn dann haben sie ihre höchste Aktivitätszeit.
Wir sind auf der Straße nach South Mission Beach mehrfach am späten Nachmittag hin- und hergefahren. Dort wo die Kasuar-Warnschilder mit der Aufschrift "speeding has killed Cassowarys" (im Bild rechts die Rückseite) sind, hat man gute Chancen. Beide beobachteten Tiere verharrten einige Zeit unschlüssig im Dickicht am Rand des Waldes, ehe sie ganz plötzlich, ohne nach links oder rechts zu sehen, die Straße überquerten.
Mit Glück entdeckt man auch ein Tier bei Wanderungen früh am Tag durch die Wälder von Mission Beach: auf dem Licuala- oder Fan Palm Walk hat man wohl die besten Chancen, aber auch auf dem Musgravea Track oder am Lacey Creek oder auf dem Bicton Hill.
Probleme bereiten hauptsächlich die Lichtverhältnisse, entweder trifft man auf die Tiere am Abend oder Morgen oder im dichten Schatten des Regenwaldes.
Das Foto oben wurde am Abend aus der Hand mit dem 18er gemacht, das Foto unten mit dem 400mm Objektiv.

Kasuar im Daintree Regenwald.

Um den unschätzbar wertvollen Daintree-Regenwald zu erhalten, hat sich schon früh ein Verein etabliert, der von privaten Besitzern für die Tier- und Pflanzenwelt wichtige Parzellen zurückkauft. In deren englisch sprachiger Homepage findet man auch gute Tipps, wo man die besten Chancen hat, seltene Regenwaldtiere wie den Kasuar, zu entdecken.
Information im Netz: Rainforest-rescue.

Informationen der australischen Naturschutzbehörde über den Schutz des Kasuars:

South Mission Beach: Helmkasuar
Mission Beach: ein junger Helm-Kasuar (Southern Cassowary) auf dem Musgravea Track -- Foto: M.+K.Thiele