Europäische (=Westafrikanische) Winkerkrabbe (Fiddler Crab = Uca tangeri):
Winkerkrabben leben an den Küsten aller tropischen Meere. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in Größe, Färbung und Feinheiten des Winkverhaltens. Ihr sonstiges Verhaltensrepertoire ist gleich oder sehr ähnlich. Nur die Männchen dieser Krebse haben eine der beiden Scheren extrem stark vergrößert. Diese dient nicht mehr der Nahrungsaufnahme, sondern der Anlockung einer Partnerin bzw. zur Abschreckung von männlichen Konkurrenten. Alle Arten leben in der Gezeitenzone, meist auf offenen Wattflächen, überall dort, wo die Flut große Mengen an Detritus (organische Partikel und einzellige Algen) auf dem Untergrund ablagert.
Die westafrikanische Art Uca tangeri ist die größte (bis 50mm Carapax-Breite) der ca. 65 Arten. (Die farblichen Merkmale zeigt das obere Foto.) Sie kommt sogar in Europa in der östlichen Algarve, dem Naturpark Ria Formosa, vor: von Faro (Portugal) bis zur Isla Christina (Spanien). Der flachen Küste ist eine Nehrung mit einer flachen Lagune vorgelagert. An manchen Stellen ist die Nehrung unterbrochen, so dass die Ebbe- und Flutströme hindurch können. Nur dort wo die Tidenströmung zum Stillstand kommt, sind nahrungsreiche Lebensbereiche, die von den Winkerkrabben genutzt werden.
Hier bauen die Tiere Höhlen, die bis zum Grundwasser hinab reichen. Dazu drückt die Krabbe mehrere der Beine einer Seite in den Schlamm und krümmt sie dann, so dass sie einen Korb um den Schlammbrocken bilden. Mit Hilfe der anderen Beine trägt sie dann den Schlickklumpen aus der Höhle heraus und legt ihn in der Nähe des Höhleneinganges ab. (Siehe mittleres Foto unten).
Die Höhlen werden blitzschnell aufgesucht, wenn sich ein Mensch auf ca. 5-10m Entfernung nähert. Feinde, wie z.B. Reiher, die es auf Winkerkrabben abgesehen haben, rennen "wie irre" durch solch eine Kolonie und versuchen die Tiere in Panik zu versetzen. Findet ein Tier seine Höhle nicht, so wird es leicht zur Beute.
Zusätzlich müssen sie dort ab und zu ihr Atemwasser in der Kiemenhöhle erneuern.
Gleich nach dem Eintreten der Ebbe kommen die Winkerkrabben aus ihren Höhlen heraus und beginnen mit der Nahrungsaufnahme. Mit der kleinen Schere nehmen sie einen Klumpen Oberflächen-Sand/Schlick auf, trennen die organischen Bestandteile von den Sandkörnern und lassen diese als Kügelchenl fallen (siehe Foto unten links) *. Da sie immer wieder in den Bau zurückkehren und nach einer Richtungsänderung wieder eine neue Spur legen, entsteht ein sternförmiges Muster von Sandkügelchen um die Höhlenöffnung herum.
Vor dem Eintreffen der Flut verschließen sie die Höhle mit einem Schlickbrocken, so dass die in der Höhle enthaltene Luft auch bei Überflutung dort erhalten bleibt und die Atmung möglich macht.
* Mit der kleinen Schere nehmen sie eine Portion Sand/Schlick auf und stopfen den Sand in den Raum vor dem Mund, der nach außen von den stark beborsteten dritten Kieferfüßen abgeschlossen wird. Zusammen mit verbrauchtem Atemwasser wird der Sand aufgewirbelt, die feinen organischen Bestandteile und einzelligen Algen bleiben schweben, werden von anderen Kieferfüßen abgeschöpft und in die Mundöffnung befördert. Die schweren Sandkörner sammeln sich unten an der Basis der dritten Kieferfüße und bilden einen Tropfen, der dann abfällt und als Sandkügelchen liegen bleibt.