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Mangrove der Tin Can Bay bei Rainbow Beach
Mangrove an der Tin Can Bay: (Grey Mangrove = Avicennia spec.) mit Luftwurzeln.

Ökosystem Mangrove: immergrüne Bäume im Gezeitenbereich des Meeres:

Bedingungen in der Gezeitenzone:

Die Bedingungen in der Gezeitenzone sind extrem schwierig für Pflanzen. Wie in unserem norddeutschen Watt wird der Boden zweimal am Tag von Salzwasser überspült. Bei Flut ist der Boden von Salzwasser bedeckt, nur die Kronen der Bäume ragen aus dem Wasser heraus. Bei Ebbe liegt der Boden trocken, aber die Wasserverdunstungsrate ist so hoch, dass der Salzgehalt in oberflächennahen Schichten des Bodens noch stärker ansteigt. Gibt es tropische Regengüsse oder führt der Fluss Hochwasser, dann wird das Salz ausgeschwemmt und der Salzgehalt des Bodens auf ein Minimum herabgesetzt.
Ein weiteres Problem ist die extreme Sauerstoff-Armut des schlammigen Bodens.

Es gibt also keinen extremeren Standort für Pflanzen/Bäume als die Gezeitenzone.

Red Mangrove Rhizophora spec - links mit Stützwurzeln und rechts eine Frucht

Warum siedeln Bäume in der ungünstigen Tidezone?

Tropische Regenwälder sind sehr alt. Die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Baumarten war und ist groß. Reichlich Zeit war vorhanden, um durch Spezialisation dieser Konkurrenz auszuweichen bzw. sie zu minimieren. Dieses ist einer der Gründe für die enorme Artenvielfalt (Diversität) im Regenwald. Einige Arten haben nun Anpassungen an den Gezeitenbereich entwickelt, bilden das neue Ökosystem Mangrove und entfliehen damit dem Wettbewerb zwischen den vielen Arten. Weltweit sind es etwa 70 Arten, in Australien ca. 20.

Anpassungen der Mangrove-Arten an die Bedingungen in der Tide-Zone

Aufgrund seines Salzgehaltes hat der Boden eine hohe Saugkraft. Um Wasser aus dem Boden saugen zu können, muss die Saugkraft der Wurzeln bzw. letztendlich der Blätter noch höher sein. Das erreichen deren Zellen durch Einlagerung von Kochsalz.
Durch den ständigen Wasserstrom und die Verdunstung von Wasser an den Blättern müsste die Konzentration von Salz in den Blattzellen sich erhöhen. Das verhindern die Bäume durch verschiedene Anpassungen:

Manche Bäume besitzen an den Blättern Salzdrüsen, die das überschüssige Salz ausscheiden z.B. bei der Grauen Mangrove (Avicennia - Foto: siehe oben).

Bei Rhizophora (Rhizophora = Red Mangrove) kontrollieren die Wurzeln durch Ultrafiltration der Zellmembranen die Salzaufnahme und verhindern dadurch das Einströmen überschüssiger Salzmengen. Weiterhin werden zu große Konzentrationen an Salz zusätzlich mit den alten Blättern abgestoßen.

Die Blätter sind sukkulent, sie sind dick und hart, sie verlieren/verdunsten wenig Wasser (Wachsschicht, stark verholzte Wände der Epidermiszellen), so dass der Baum nur wenig Wasser benötigt, ja für Problemzeiten steht das Wasser noch zur Verfügung, das er in den sukkulenten Blättern iin einem speziellen Gewebe gespeichert hat.

Das große Problem für diese Bäume ist also nicht der Wasser-, sondern der Salzhaushalt, nicht die Wasser-Beschaffung, sondern die Salz-Entsorgung.

Ein weiterer Nachteil des Bodens in der Mangrove ist das fast vollständige Fehlen von Sauerstoff im Schlick. Bakterien verbrauchen durch die Verarbeitung der organischen Substanz jeglichen Sauerstoff. Wurzeln - wie alle pflanzlichen lebenden Gewebe - benötigen aber Sauerstoff für die Energiegewinnung (Zellatmung).

Eine Versorgung der Wurzeln mit Sauerstoff ist lebensnotwendig für die Bäume. Dazu haben sie spezielle Organe entwickeln, die man Pneumatophoren* nennt. Sie kommen in verschiedenen Formen vor: als Stelzwurzeln (Rhizophora), als Luftwurzeln (Avicennia und Sonneratia) oder als Kniewurzeln. In deren gasdichten Rinde befinden sich viele winzige Öffnungen (Lentizellen**), die Luft durchlassen. Dann wird diese sauerstoffhaltige Luft durch ein spezielles Lüftungsgewebe (Aerenchym) - es sind lockere Zellverbände mit großen Zellzwischenräumen - hauptsächlich nach dem Prinzip der Diffusion weitergeleitet zu den Wurzeln.

*Pneumatophoren = Atemwurzeln: An flach verlaufende Wurzeln - sie dienen der Verankerung des Baumes - bilden sich in regelmäßigen Abständen Abzweigungen aus, die entgegen der Schwerkraft (negativ gravitrop) 20-30cm über die Schlickoberfläche hinauswachsen. Deren Oberfläche ist korkartig. Sie enthalten viele Lentizellen, durch die dann Luft in die Wurzel dringen kann. Bei Überflutung der Atemwurzeln ist zwar kein Gasaustausch möglich, zugleich kann durch die hohe Oberflächenspannung des Wassers auch kein Wasser hineindringen.

** Lentizellen: In der Rinde ist an bestimmten Stellen die oberste geschlossene Zellschicht aufgerissen, darunter befindet sich ein lockeres Gewebe, deren Zellen nicht fest miteinander verbunden sind. Zwischen den Zellen befindet sich ein Raum (Interzellularraum), der in der Lage ist, Luft nach dem Prinzip der Diffusion weiterzuleiten. Meist sind die Lentizellen als kleine Korkwarzen erkennbar. Sie haben keinen Verschlussmechanismus und können nicht wie Spaltöffnungen (Stomata) den Gasaustausch regulieren

Mangrove - Pneumatophoren
Orange Mangrove = Bruguiera spec.mit Kniewurzeln als Pneumatophoren - sie dienen zum Gasaustausch während der Ebbe

Anpassung an ungünstige Keimungsbedingungen: Rhizophora

Wie bei vielen Mangrove-Arten enthält eine Frucht nur einen Samen, der am Baum nicht nur bis zur Reife verbleibt, sondern bis sich der Keimling mächtig entwickelt und große Nährstoffmengen gespeichert hat. Dieser ist meistens zusätzlich noch schwimmfähig.

Das Leben in der Gezeitenzone ist für Bäume also sehr energieaufwändig. Deswegen erreichen die Bäume auch nicht die gewohnten Höhen, in Grenzbereichen bleiben sie sogar Büsche.

Dieser Tidenbereich ist aber auch sehr nährstoffreich. Die Blätter der Bäume sterben ab und fallen zu Boden. Kleine Krebse, Schnecken, Pilze und Bakterien bauen die organische Substanz ab. Es entstehen kleinere organische Partikel, wir nennen die Gesamtheit Detritus, von dem viele andere Krebse, Garnelen, Schnecken und viele Jungfische leben. Letztere werden wiederum erbeut von Raubfischen, die gerade für die Fischerei interessant sind.
Die Mangrove verringert durch das Gewirr ihrer Wurzeln die Gezeitenströmung des Wassers, der mitgetragene Schlick setzt sich ab. So schafft sich die Mangrove ihren eigenen außerordentlich produktiven Lebensraum.

In englischer Sprache: Field Guide of the Mangrove of Queensland

Kurze, prägnante Zusammenfassung zum Thema: Mangrove

In Cairns gibt es einen Boardwalk durch eine eindrucksvolle Mangrove: "The Jack Barnes Mangrove Boardwalk". Er liegt an der Airport Avenue und ist gut ausgeschildert. Es gibt eine Reihe von Erklärungen am Wegesrand. Versch. Schlammschnecken und Winkerkrabben sind bei Niedrigwasser zu sehen.
Gleichzeitig lohnt es sich ebenfalls von der "Lagoon" - ein Swimmingpool mit Meerwasser gefüllt, Eintritt frei - bei Ebbe an der Esplanade entlang zu gehen und die Wattflächen zui beobachten. Neben verschiedenen Watvögeln kann man Wattkrabben und Schlammspringer (=Periophthalmus) beobachten.

Mangrove bei Cairns
Üppige Mangrove bei Cairns, durch einen "Boardwalk" leicht erforschbar