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Würgefeige im Regenwald
Cooloola NP: Würgefeige, strangler fig tree, Luftwurzeln umgeben als Geflecht den Stamm des Wirtes

Würgefeigen (strangler fig tree)
- eine raffinierte Methode, um das Licht der Sonne zu erreichen:

Mordspezialisten im Regenwald beim Kampf um das Licht:
Vögel fressen die Früchte der Würgefeigen (einige Arten der Gattung Ficus*) und verbreiten dadurch deren Samen. Mit dem Kot werden die unverdaulichen Samen irgendwo ausgeschieden. Gelangen diese zufällig in eine Astgabel in der Krone eines Baumes, in der sich etwas Humus befindet, so können sie dort auskeimen und Blätter bilden.

Um an Nährstoffe und Wasser zu kommen, bilden sie lange Luftwurzeln aus, die sich im Boden verankern. Sie umhüllen dabei den Stamm des Wirtsbaumes. Die Würgefeige beginnt ihr Leben also als Epiphyt (eine "Aufsitzerpflanze" sitzt nur auf einer anderen Pflanze, ohne dieser Nährstoffe zu entwenden, ohne sie zu schädigen). Sie nutzen aber die Festigkeit des Stammes des Wirtsbaumes, um hoch oben im Kronenbezirk der Bäume ohne großen eigenen Aufwand an das notwendige Licht zu kommen.

Gleich nach der Keimung hat die Würgefeige "einen Platz an der Sonne", sie muss nicht auf dem dunklen Regenwaldboden keimen und lange Zeit mit mitgegebenen Nährstoffvorräten ausharren, bis vielleicht einmal ein Überständer zusammenbricht und eine Lücke in das dichte Kronendaches des Regenwaldes reißt. Zusätzlich spart sie den "kostenintensiven" Aufbau eines Stammes, der fest genug ist, um eine ausladende Krone im Kronendach des Regenwaldes zu halten.

Würgefeige
Würgefeigen, links: die Luftwurzeln beginnen mit dem Zusammenwachsen, rechts, Aussehen nach dem Absterben des Wirtsbaumes

Der Mörder lässt seine Maske fallen:
Im Laufe der Zeit bilden die ständig dicker werdenden Luft-Wurzeln dort Verbindungen zueinander aus, wo sie sich berühren. Es entsteht ein mächtiges Wurzelgeflecht (Bild in der Mitte). Der Wirtsstamm kann nicht mehr in die Dicke wachsen (kein Dickenwachstum), er wird regelrecht stranguliert. Gleichzeitig nimmt die wachsende Krone der Würgefeige den Blättern des Wirtsbaumes das Licht. Dadurch wird der Wirt geschädigt und stirbt letztendlich ab. Aus dem Epiphyten ist ein Parasit geworden.

Der Stamm des Wirtsbaumes fällt den Termiten zum Opfer und vermodert, die Würgefeige nimmt also den Platz des ehemaligen Wirtes ein und steht auf den eigenen "Beinen", auf einem ringförmigen hohlen Wurzelgeflecht.
Diesen Zustand zeigt das untere Bild.

*Einige Vertreter der Gattung Ficus sind uns allgemein bekannt: Die echte Feige aus dem Mittelmeergebiet mit ihrer besonderen Blattform und den essbaren Früchten, als Zimmerpflanzen der Gummibaum oder die Birkenfeige.

Foto- und Reisetipp:
Würgefeigen, bei denen dieser Endzustand so schön zu sehen ist, findet man nicht so häufig. Das untere Bild ist mit einem extremen Weitwinkel (12mm) aus dem Inneren des Wurzelgeflechtes fotografiert, durch das RAW-Format und die anschließende Entwicklung konnten die großen Lichtunterschiede ausgeglichen werden.
Dieser Baum steht im Regenwald im Cooloola NP an der Picknick-Area von Bymen, leicht über eine Schotterstraße zu erreichen. Eine Wanderung zum Poona Lake bietet einen interessanten Einblick in diesen Regenwald, der auf altem Dünensand steht.

Eine bekannte Würgefeige steht im Atherton Tableland: der sogenannte "Curtain Fig Tree". Da sie aber während ihres Wachstums umgekippt ist, haben die Luftwurzeln keinen Zylinder, sondern einen Vorhang ausgebildet. Ein anderes Beispiel einer bekannten Würgefeige: "Cathedral Fig Tree" nahe des Lake Tinaroo im Atherton Tableland.

Siehe auch die Seiten: Ökologie des tropischen Regenwaldes, Brettwurzeln und Stammblütigkeit, Lianen, Rotangpalme, Fächerpalmen, Epiphyten, Baumfarne, Bootfarne

Würgefeige im Regenwald
Cooloola NP: Würgefeige (strangler fig tree) - Nach dem Absterben des Wirtsbaumes bleibt der Hohlzylinder der Würgefeige übrig